Never change a running system!

Dieses Thema im Forum "Technik - Motor, Getriebe und Fahrwerk" wurde erstellt von SANDRIN, 25. Mai 2013.

  1. SANDRIN

    SANDRIN Hammering Shit Can Driver

    597
    5. Oktober 2008
    Unter besonders tatkräftiger Mithilfe von Lack-Dieter aus diesem Forum, eher schon fast von ihm alleine (ich war für die dummen Sprüche und nicht brauchbaren Ratschläge zuständig), haben wir nun Sieg-Linde wiederhergestellt. Ich nutze an dieser Stelle mal einen politisch nicht korrekten Begriff:
    es war eine Zangengeburt.

    Die Ausgangssituation war eine perfekt funktionierende Sieg-Linde. Dies sah auch der zuständige Gutachter der Versicherung so. Lediglich die in einem Konvoi hinter uns Fahrenden bemängelten etwas die Geruchsbelästigung, die von Sieg-Linde ausging. Sie rümpften regelmäßig die Nase, weil da das eine oder andere verbrannte Kohlenwasserstoffteilchen sich meldete.

    Weil mir meine Kumpels und natürlich auch deren Frauen sehr am Herzen liegen, habe ich mich also irgendwann entschlossen, dem Gestank zu Leibe zu rücken und die Ventilschaftdichtungen zu wechseln. Das war auch nicht soooo wild, kostete halt Zeit.

    Bild 1: Schlepphebelsammlung
    Bild 2: Alte Schaftabdichtungen

    Dabei erkennbar wurde jedoch, dass die Ventile die Schäfte schon recht deutlich dünngeschliffen hatten und in zwei Fällen der obere Abschluss der Schäfte durch war.

    Bild 3: Durchgeschliffene Schaftdichtungen

    Dennoch ragten die Schäfte deutlich rundum aus dem Kopf heraus, kein Ding also, die sollten noch dicht sein. Alles zusammenbauen, noch viel Kleinzeugs reparieren bzw. schön machen für die kommende Saison und Motor anwerfen. Alles lief wie immer, kein Bläuen aus dem Auspuff, jetzt ein Bierchen ....

    Tagelang, eher wochenlang war mieses Wetter und die Arbeit im Job lies auch nicht allzu viel Zeit. So kam ich erst etliche Wochen später dazu, Sieg-Linde mal auszuführen. Anwerfen, alles wie immer, dann aus der Halle rausfahren - prompt kommt einer mit einer Frage, das Telefon klingelt nochmals, kurz, bis ich losfahren konnte, war Sieg-Linde warmgelaufen.

    Mmh, das hörte sich nicht gut an.

    File: Memo.m4a.zip

    Wer hat aus meinem Rasse-280er einen Schiffsdiesel gemacht? Je wärmer Sieg-Linde wurde, desto dramatischer klopfte sie. In einem leichten Anflug von Panik fuhr ich wieder zurück und wollte einen auf Helmut Kohl machen: aussitzen. Zwei Tage später, same procedure. Sch ...., was nun?

    Prüfen, ob die Ventile korrekt eingestellt sind – jou, sind sie.
    Prüfen, ob überall die Ölversorgung steht (danke an Bernd) – jou, steht.
    Kopf kratzen – kein Einfall.
    Brennräume endoskopieren – siehste nix.
    Am Ende wurde immer klarer, dass der Kopf runtermuss und wir beim Motorenbauer Rat holen müssen.

    Gesagt, getan, der Motorenbauer in Aurich hat meine prekäre Situation gut verstanden, trotzdem dauerte es halt ein paar Tage, bis wir den Kopf mit neuen Sitzen und schön geplant wiederhatten. Die Zeit haben wir genutzt, um alles zu säubern (auf den Kolben ist das Produktionsdatum und das Kolbenmaß sichtbar)

    Bild 4: offener Motor

    und für den Wiedereinbau vorzubereiten. Der Einbau war nicht kompliziert, aber friggelig (zumindest bei meiner Handschuhgröße), aber alles verlief reibungslos.

    Nächster Schritt, Probelauf. Warum springt Sieg-Linde nicht an? Erste Batterie leergeorgelt, sie will einfach nicht. Zweite Batterie fast leer – was mach ich nur? Die Idee, irgendwo einen 180°-Fehler eingebaut zu haben, brachte uns zumindest soweit, dass mit viel Spielen am Verteiler Sieg-Linde wenigstens ansprang. Wie konnte das denn sein, wir haben doch rein garnix an der Elektrik verändert? Reichlich durchmessen ergab, dass das Kaltstartventil nicht angesteuert wird. Ob dies das Problem ist?

    Gleich vorweg: das war es nicht. Dieter bekam beim Spielen mit dem Verteiler öfter mal eine gewischt und wir haben deshalb profilaktisch Kappe und Finger gekauft, gewechselt und siehe da, schon beim Messen der Ansteuerung des Kaltstartventils springt Sieg-Linde an.

    Puuh, die Kuh scheint vom Eis zu sein. Zündung noch mal nachjustieren auf 5° vor OT bei Standgas, CO auf 2,5% und Leerlauf auf 750/min. Sie läuft, sie bläut nicht mehr und sie hört sich gut an. I’m happy. Danke Dieter.

    Fazit:
    1. Warum auch immer hat sich ein Ventilsitz beim Wechseln der Ventilschaftdichtungen gelöst. Dies ist in kaltem Zustand nicht hörbar, warm wird es aber dramatisch.
    2. Warum auch immer läuft Sieg-Linde perfekt ohne Kaltstartventil.
    3. Warum auch immer ist die Elektrik bei den Arbeiten über die Wupper gegangen.
    4. Ich kenne den Kilometerstand nicht, allzu hoch dürfte er nicht sein. Dennoch haben die Ventile den Hals der Schäfte dünn- und in einem Fall durchgeschliffen.

    So, jetzt hoffe ich, Euch nicht allzu sehr gelangweilt zu haben. Möglicherweise hätten die Profis des Forums das ja schneller und vor allem nervenschonender hinbekommen, ich bleibe aber bei meinem ab sofort geltenden Motto: never change a running system!
     

    Anhänge:

  2. buschgo

    buschgo Aktives Mitglied

    479
    11. November 2007
    Ventilschaftdichtungen

    Hallo Sandrin,
    genau die gleiche "Grundarbeit" Ventilschaftdichtungen wechseln steht bei mir auch noch an. Den Rest würde ich mir gerne sparen ;-)
    Es gibt hier einige im Forum, die schon in den Genuss meiner Nebelanlage gekommen sind. Besonders letztes Jahr bei der Alpentour. Jedes mal beim Gas geben, nach dem Schubbetrieb (besonders nach einer Passabfahrt) gabs Rauchsignale.
    Ölverbrauch? Nur ca. 1 ltr/100km, also gar nicht darmatisch. Deshalb seh ich die Arbeit im Moment auch nicht als technisch notwendig oder zwingend an.
    Nach deinem Bericht allerdings hast Du mir nicht Mut zu der Arbeit gemacht ;-)
    Aber, wieso lockert sich ein Ventilsitz bei der Arbeit? Ich nehme an, Du hast die Arbeit auch mit Druckluft zum "halten" der Ventile gemacht? Wie viel Druck hast Du genommen?
    Gruß Götz
     
  3. SANDRIN

    SANDRIN Hammering Shit Can Driver

    597
    5. Oktober 2008
    10 bar

    Hallo Götz,
    1. ich wünsche Dir das
    2. war bei Sieg-Linde auch nicht messbar, aufgrund meiner Fahrgewohnheiten habe ich jeden Winter nach rund 3000 km das Öl gewechselt. Hatte stets noch braune Farbe und bedurfte nie eines Nachschüttens
    3. dann lass' es. Ich bin jetzt nicht der Spezialist, aber ich erkenne nicht den zwingenden Grund zum Wechsel, wenn der Ölverbrauch nicht gravierend steigt und damit wesentliche Mengen Öl verbrannt werden. Inzwischen sehe ich das eher als Schönheitsfehler. Vielleicht erhalten wir ja noch ein paar Ansichten von technisch Versierteren
    4. nicht den Hauch einer Ahnung. Ich vermute, der Sitz hielt sich gerade noch so in seiner Passung und der Wechsel der Schaftdichtungen mit dem entspr. Hebeln hat den Sitz gelockert - ist aber aber nur Vermutung
    5. ja, mit Druckluft wurden die Ventile oben/geschlossen gehalten, die Anlage liefert 10 bar konstant.
    Wish you good luck, ciao
     
  4. shlomo

    shlomo Aktives Mitglied

    230
    22. August 2007
    Ölverbrauch? Nur ca. 1 ltr/100km, also gar nicht darmatisch. /QUOTE]

    Hallo,

    Du meinst sicher auf 1000km?! Ansonsten fänden ich das schon dramatisch ;-)

    Grüße
     
  5. buschgo

    buschgo Aktives Mitglied

    479
    11. November 2007
    Hallo Sandrin,

    besten Dank für deine Rückmeldung.

    @ Knut, klar, hast Recht. Ein Schreibfehler. Sind natürlich 1 ltr/1000km.
    Sonst würden wahrscheinlich hinten die Kohlebrocken rausfliegen ;)

    Gruß Götz
     
Schlagworte:
Müller Classic Motors
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
  2. Pagodenkalender 2025 - Jetzt vorbestellen:
    Alle Informationen unter pagodenkalender.de/vorbestellen