Karosserieschild, Mercedes-Benz-Ablaufdiagramm Produktion

Dieses Thema im Forum "die Mercedes Benz „Pagode“" wurde erstellt von TomRamoser, 10. September 2023.

  1. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    Servus zusammen,

    die Datenkarte wird ja oft als Geburtsurkunde eines Mercedes-Benz bezeichnet, was auch im übertragenen Sinn stimmt, weil ja nach der Geburt erstellt, sprich nach der Endkontrolle, wenn der Vergleich soweit trägt.

    Das erste individuelle Teil dieses späteren Fahrzeugs - das Blech Nr. 1 sozusagen - ist aber etwas ganz anderes: Es ist das Halteblech für die Relais und Wischwasserpumpe, auf dem die Codes für das um dieses Blech herum zu fertigende Fahrzeug stehen, sprich das Baumuster mit der entsprechenden Aufbau-Nummer.

    Nach den Werksferien 1963 wurde auf dieses Blech ein eigenes, erhaben geprägtes Schild mit diesen und weiteren Informationen geschraubt, mehr dazu weiter unten, also just zum Anlauf der W113er Produktion.

    Dieses Karosserieschild steht in den nächsten Jahrzenten wie kaum ein anderes Teil im Zentrum der Transformation von Mercedes-Benz von einer Manufaktur hin zu einem modernden Industriebetrieb.

    Aus diesem Grund sind hier die vielen Puzzleteile der Informationen zu diesem Thema von Mercedes-Benz, aus diesem Forum und von den Pagoden-Clubs zusammengetragen - mit einem ganz besonderen Dank an Norbert und Sead - um einen möglichst vollständigen Überblick zu den Abläufen und den verschiedenen Schildern zu schaffen.

    Aber der Reihe nach.

    Das Ablaufdiagramm unten zeigt die chronologischen Zusammenhänge von der Kundenbestellung bei einem Mercedes-Benz Händler bis zur Montage der bestellten Karosserie auf das dazu passende Fahrgestell.

    Weil ja zum Zeitpunkt der Bestellung weder der Produktionstermin noch die Fahrgestellnummer bekannt sein konnte, nähert sich die Mercedes-Benz Logistik dem Fertigprodukt in vier Stufen an
    • Auftragsnummer von Mercedes-Benz à zur Auftragsbestätigung an den Kunden
    • Produktionsnummer der MB Arbeitsvorbereitung à zur Bestellung von Innen- und andern Sonderausstattungen von spezialisierten Zulieferern
    • Aufbaunummer der MB-Produktionsplanung à Karosserieschild mit Baumuster zur Produktion des Fahrzeugs; später mit Lacknummer und weiteren Spezifikationen
    • Fahrgestellnummer der MB-Produktionssteuer-Zentrale à Typschild, Roh-Datenkarte, etc.
    Eine ganz zentrale Bedeutung kommt dabei der Aufbaunummer zu, die an jeder Station der Fertigungsstraße die Arbeiten für dieses ganz bestimmte Fahrzeug entschlüsselte.

    Die Aufbaunummer war eine fortlaufende Nummer von 00001 bis 99999, später 6-stellig, die mit dem Erreichen der maximalen Zahl wieder an den Anfang zurückgestellt wurde; somit war immer nur eine aktive Aufbaunummer im Produktionsprozess, die mit dem Verlassen des Werksgeländes erlosch.

    ...

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  2. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    ...

    UPDATE 19SEP2023 15:30 UHR

    Archäologisch können wir Baumuster, Aufbaunummer und Produktionsnummer vor Einführung des Karosserieschildes noch in Seads Pagode #63 vom Juli 1963 sehen, als eine händisch mit einem Hammer eingeschlagene Nummernfolge im Halteblech der Relais, siehe unten.

    Diese eingeschlagenen Nummern hatten den großen Nachteil, dass sie nach dem Lackieren oft unleserlich und leicht verwechselt werden konnten, die Werker also oft nachforschen mussten und so wertvolle Zeit verloren.

    Abhilfe brachte erst die Einführung des erhaben geprägten Karosserieschilds, vermutlich nach den Werksferien 1963, welches schließlich auch nach der Lackierung vollständig lesbar blieb. Die erste Generation dieses Schilds zeigte jetzt zusätzlich die Lacknummer und Lackart, und zudem die Region zur Auslieferung für regionale Ausstattungsunterschiede wie Meilentacho, Hupenlautstärke oder Beleuchtung; es musste im Werk also viel weniger in den Begleitpapieren nachgesehen werden, was wiederum die Gefahr von Fehlern erheblich reduzierte.

    Die Sichtung von dutzenden, wenn nicht mehr als hundert Karosserieschildern hat insgesamt acht Formate dieser Schilder ergeben, die sich im Inhalt und Schwerpunkt der Information unterscheiden; am Anfang standen Lackspezifikationen im Fokus, später wurden Rohbauanweisungen und schließlich Sonderausstattungen immer wichtiger.

    Der Zeitraum für diese unterschiedlichen Schilder-Generationen lässt sich nicht mehr genau eingrenzen, da in der Rohbauabteilung zumindest zwei Prägestationen für diese Schilder gestanden haben mussten, Stichwort Redundanz, und weil die Druckertreiber damals Teil des Druckers waren, können durchaus zwei Generationen der Schilder gleichzeitig geprägt worden sein.

    Nachfolgenden ist die Dokumentation dieser Recherche - zunächst als Entwurf - mit der herzlichen Bitte um Korrektur und Ergänzung.

    Cheers vom Tom

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    Zuletzt bearbeitet: 19. September 2023
    schlüssellos, thomasj, Sead und 2 anderen gefällt das.
  3. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    Baldrian, lieber Memmo, und tief durchatmen,

    denn wenn etwas nicht stimmt bin ich der erste, der das korrigiert; aber noch hast Du mich nicht überzeugt.

    Also, jeweils mit den Datenkarten übereinstimmend, ist Seads 230 SL mit der AufbauNr 70 ist vom Juli 1963; die Vorlage der Generation 1 ist von der AufbauNr 1373 vom Dezember 1963; die Vorlage der Generation 2 ist von AufbauNr 693 vom März 1965.

    Das "G" und "H" für Glasurit- oder Herberts-Lacke finde ich erst ab März 1965. Und dass diese Buchstaben nachträglich eingeschlagen sind spricht dafür, dass die Umstellung von Generation 2 auf 3 nicht über Nacht stattgefunden hat, wie geschrieben.

    Die AufbauNr 5102 auf dem Schild sollte demnach erst später kommen.

    Cheers vom Tom


    KS Jul1963 113042 10 AufbauNr 70.jpg KS Dez1963 113042 10 AufbauNr 1373.jpeg KS März1965 113042 10 AufbauNr 693.jpeg
     
    thomasj und honeyfritz gefällt das.
  4. Wupperprinz

    Wupperprinz Sternschnupperer

    149
    8. Februar 2010
    upload_2023-9-10_14-20-25.png

    Hallo Tom,
    hier das Typenschild eines 230SL aus Mitte April 1964 (lt. Engelen bzw. Fgst.-Nr.)
    Es handelt sich um eine der sehr seltenen Pagoden mit Zweifarb-Sonderlackierung in 574 / 040.
    Viele Grüße, Markus
     
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  5. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    Servus Markus, super, dankeschön!

    Werde dieses Schild in die Dokumentation aufnehmen und hoffe noch auf weitere Beispiele ...

    Cheers vom Tom
     
    honeyfritz und Memmo gefällt das.
  6. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
    xxxxxxx
     
    Zuletzt bearbeitet: 26. Oktober 2023
    thomasj, Memmo und TomRamoser gefällt das.
  7. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    Das ist ja interessant, lieber Sinan, hochinteressant!

    Das Thema ist Ordnung in die Unübersichtlichkeit dieser Schilder zu bringen und Deine Info hilft sehr; dankeschön!

    Cheers vom Tom
     
  8. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
    xxxxxxx
     
    Zuletzt bearbeitet: 26. Oktober 2023
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  9. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    Lieber Memmo,

    die Aufbaunummer hat die Produktionsplanung vergeben und war eine fortlaufende Nummer von 00001 bis 99999, die mit dem Erreichen der maximalen Zahl wieder auf 00001 zurückgestellt wurde; damit war sichergestellt, dass sich im Produktionsprozess immer nur eine aktive Aufbaunummer innerhalb der Werkstore befand.

    Die Aufbaunummer war auch nicht modellspezifisch, auch wenn immer Chargen der gleichen Baumuster nacheinander auf die Reise geschickt wurden - "heute bauen wir 50 Stück Pagoden".

    Diese Sequenz hat zuerst die Arbeitsvorbereitung (AV) und dann die Produktionsplanung (PP) optimiert.

    Über die Jahre haben die Aufbaunummern eine Art Sägezahn ergeben, siehe unten.

    Mit dem Datensatz von dreizehn 107er habe ich das einmal vor Jahren nachvollzogen, siehe unten; Anfang der 1980er Jahren reichte eine Runde der damals 7-stelligen Aufbaunummer für mehr als zwei Jahre, Ende der 1980er dauerte eine Runde weniger als ein Jahr.

    Cheers vom Tom


    A.png
     
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  10. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
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    Zuletzt bearbeitet: 26. Oktober 2023
  11. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    Bitteschön

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    schlüssellos und Sinan gefällt das.
  12. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
    xxxxxxx
     
    Zuletzt bearbeitet: 26. Oktober 2023
  13. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    Hmmmm ...

    Anbei die Mercedes-Benz Global Codes zum Code 519 und Bernd Meyer-Brockel (ohne Gewähr)

    3.png 2.png
     
    ursodent gefällt das.
  14. TomRamoser

    TomRamoser Aktives Mitglied

    341
    21. August 2020
    Lieber Memmo, was ist nur los mit Dir?

    Die Rohbauanweisung "6" zum Hardtop steht richtigerweise unten links / Mitte rechts steht die alte Lackart "6" für Standard Farbe mit Pigmentierung.

    Cheers vom Tom
     
  15. 230SLblue

    230SLblue Aktives Mitglied

    479
    9. August 2005
    Mein 1964 230SL hat die VIN 003937 und ist im Engelen Buch aufgeführt mit dem Eintrag "3937 15.05.64 Ab Hinterachse 3840 Achswellen ..."
    das heisst, das Auto war bestimmt im May 1964 auf dem Fliessband und so sieht das 3-reihige Schild mit dem eingeschlagenen H aus.
     

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  16. 230SLblue

    230SLblue Aktives Mitglied

    479
    9. August 2005
    Ich hatte immer angenommen, dass Manfred Luft dieses Karosserieschild (2A) schon vor langer Zeit ausgiebig beschrieben hat. Kaum zu glauben, dass da etwas nicht stimmen sollte.
     

    Anhänge:

    TomRamoser und goldhamme_rulez gefällt das.
  17. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
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    Zuletzt bearbeitet: 26. Oktober 2023
  18. Sinan

    Sinan Aktives Mitglied

    23. November 2004
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    Zuletzt bearbeitet: 26. Oktober 2023
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  19. d.Hahn

    d.Hahn Aktives Mitglied Mitarbeiter Administrator

    20. November 2003
    Hört sich fast so an als wenn es hier nur einen gibt der alles Weiss und genau liest (versteht) was geschrieben wird.
    Der Ton mit der die Diskussion hier geführt wird (ausgehend von einer Person) gefällt mir in keinster Weise.
    Es folgt für ihn eine Zeit der Besinnlichkeit in dem er darüber nachdenken kann wie wir hier miteinander kommunizieren möchten.

    vG
    Detlef (Euer Admin)
     
    big-bolli, schlüssellos, hybrid und 3 anderen gefällt das.
  20. goldhamme_rulez

    goldhamme_rulez Aktives Mitglied

    20. Juli 2004
    Guten Morgen -

    ich würde mich freuen, wenn es, wie von Alfred, einfach noch mehr Fotos von originalen Schildern gibt. Mit der vereinten Brainpower hier werden sicherlich auch die letzten Details ausgeforscht und belegt werden.

    Zweitens würde ich gerne ein Foto von @Sinan aus seiner Zeit beim Daimler an der Maschine sehen - damals hatte man doch viel Haarprodukt und noch ein Hemd an, oder? Eins im Blaumann gibt es wahrscheinlich nicht, oder? Waren die Blaumänner beim Daimler eigentlich blau? Oder eher grau? Neulich habe ich gesehen, dass bei MB Truck die Werkstattklamotten eher schwarz sind, aber dafür mit Stern am Gürtel usw. ...

    Einen guten Start in eine sonnige Woche -

    Oliver
     
    TomRamoser gefällt das.
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